Das Wichtigste im Überblick
- Nach einem Gewaltereignis am Arbeitsplatz oder auf dem Weg zur Arbeit wird jedem BGHW-Versicherten eine Akutintervention (psychologische Soforthilfe) angeboten.
- Im Auftrag der BGHW bietet unter anderem Dr. Christian Lüdke von Terapon dieses professionelle Gesprächsangebot an. Weitere Kooperationspartner der BGHW sind Human Protect Consulting und Nordkurs, eine Tochter des TÜV Nord.
- Wie gut dieses Gespräch tut, berichtet eine Betroffene.
- Darüber hinaus können Kolleginnen und Kollegen sich zu psychologischen Erstbetreuern ausbilden lassen, um schnelle Hilfe zu leisten.
- Im Auftrag der BGHW bietet unter anderem Dr. Christian Lüdke von Terapon dieses professionelle Gesprächsangebot an. In einem Podcast erläutert er die wichtigsten Fakten zur Akutintervention.
Ein Kunde schlägt zu oder eine Kundin wird verbal ausfallend. Wenn Versicherten Gewalt widerfährt, bietet die BGHW ihnen ein professionelles Gespräch an, um sie zu stabilisieren und Folgeschäden zu vermeiden.
Circa 3.000 Mal pro Jahr melden sich Mitgliedsbetriebe bei der BGHW – aus einem Grund: Ihre Mitarbeitenden haben physische oder psychische Gewalt erlebt, zum Beispiel im Supermarkt, auf dem Weg dorthin oder beim Verlassen der Arbeitsstelle. „Dann werden wir sofort aktiv und schieben eine Akutintervention an“, sagt Martin Kögler, BGHW-Experte für Rehabilitation. Eine Akutintervention ist die psychologische Soforthilfe für traumatisierte oder psychisch beanspruchte Personen. Durchgeführt wird sie beispielsweise vom Essener Unternehmen Terapon, das über ein bundesweites Netzwerk von Psychologinnen und Psychologen verfügt, die innerhalb von 24, maximal 48 Stunden vor Ort sein können. Dr. Christian Lüdke, Chef von Terapon: „Wenn wir für die BGHW im Einsatz sind, bieten wir den traumatisierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Einzelhandel ein professionelles Gespräch an. Zeit und Ort bestimmen sie.“ Ein Gespräch, keine Therapie. Das sei wichtig, so Lüdke. Die Akutintervention sei bewusst ein schnelles und unbürokratisches Angebot, das die Folgen psychischer Gewalterfahrungen so früh wie möglich abfange.
Breite Unterstützung bundesweit
Neben Terapon arbeitet die BGHW mit zwei weiteren Experten in der psychologischen Soforthilfe zusammen: Human Protect Consulting und Nordkurs, eine Tochter des TÜV Nord. „Wir müssen breit aufgestellt sein“, sagt Kögler, „um den Betroffenen, die hinter den 3.000 Anfragen der Mitgliedsbetriebe stehen, so schnell wie möglich zu helfen.“ Dazu gehört für Kögler auch die Option, die psychologische Soforthilfe in Zukunft online als Teleberatung anzubieten, sofern aus wissenschaftlicher Sicht ein vergleichbarer Effekt erzielt werden kann.
Seelische Verletzung ist ein Arbeitsunfall
Wie erfolgreich ist die Akutintervention? Rund 93 Prozent der Betroffenen fühlten sich nach der einmaligen Intervention wieder stabil, sagt Lüdke. Nur sieben Prozent benötigten mehr Unterstützung. Zu dieser positiven Entwicklung trägt auch bei, dass Terapon nach der Intervention einen Bericht für die BGHW erstellt und weitere Maßnahmen empfiehlt. Dazu Lüdke: „Manchmal hilft es einer betroffenen Person, für zwei Wochen in einem anderen Markt zu arbeiten oder für eine begrenzte Zeit den Arbeitsbereich zu wechseln, um den Kundenkontakt zu reduzieren.“ Seien die Folgen der Traumatisierung schwerwiegender, rate man zu einer Therapie. „Bei einer Weiterbehandlung mündet diese in das Psychotherapeutenverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung mit garantiertem Beginn nach ein bis zwei Wochen“, erläutert Kögler. „Diese nahtlose Versorgung unserer Versicherten tut ihrem Wohlbefinden gut und verringert für den Arbeitgeber die Folgekosten wesentlich.“ Daher wünscht sich Kögler auch, dass die Mitgliedsbetriebe der BGHW und ihre Versicherten psychische Gewaltereignisse am Arbeitsplatz als Arbeitsunfall erkennen und melden. Die Berufsgenossenschaft kann nur helfen, wenn sie von den Gewalterfahrungen erfährt.
So hilft die BGHW nach einem Gewaltunfall am Arbeitsplatz
| Psychologische Erstbetreuung | Akutintervention = Psychologische Soforthilfe | Psychotherapie |
---|---|---|---|
WER | - Kolleginnen und Kollegen trösten und kümmern sich um die betroffene Person. - Unterstützung der BGHW bei der Qualifizierung zur Psychologischen Erstbetreuung. | - Eine Psychologin/ein Psychologe führen mit der Versicherten/dem Versicherten ein einmaliges Gespräch. - schnell und unbürokratisch - kostenlose Leistung für alle BGHW-Versicherten | - Ist eine Weiterbehandlung erforderlich, schließt sich eine Therapie nach dem Psychotherapeutenverfahren an. |
WANN | - Erstbetreuer sind unmittelbar nach dem Schockerlebnis für die Betroffenen da. | - Die Psychologin/der Psychologe versucht, innerhalb von 24, maximal 48 Stunden vor Ort zu sein. | - Garantierter Beginn ein bis zwei Wochen nach der Akutintervention. |
WOZU | - Einfache psychologische Erste Hilfe, eine verunfallte Person fühlt sich gleich geborgen.
| - Profis, die mit einem Gespräch viel bewirken. - Psychische Beeinträchtigungen innerhalb kurzer Zeit verringern, Folgeschäden vermeiden. | - Rehabilitation aus einer Hand |
Jeder sollte Hilfe annehmen
Anna K.*, verantwortlich für den Obst- und Gemüsebereich in einem Supermarkt in Hamburg, hat nach einem psychisch belastenden Ereignis die Hilfe von Terapon in Anspruch genommen. Eine Psychologin kam für ein Gespräch zu ihr nach Hause.
„Die Psychologin hat mir anhand von Zeichnungen erklärt, was nach dem Vorfall in meinem Gehirn passiert ist, was aktiviert wird und warum ich mich momentan so fühle. Diese anschauliche Darstellung hat mir geholfen, meinen Zustand zu verstehen und anzunehmen. Die Psychologin hat mir Tipps gegeben, diese Gefühle zuzulassen und nicht zu verdrängen. Mir hat das Gespräch sehr gutgetan.“
*Name von der Redaktion geändert
Ausbildung psychologische Erstbetreuung
Um Betroffene nach einem Gewaltereignis noch besser aufzufangen, können die Kolleginnen und Kollegen eine wichtige Rolle übernehmen: mit der psychologischen Erstbetreuung. Die BGHW unterstützt die Ausbildung zum Psychologischen Erstbetreuer (siehe unten Services und Downloads). Mehr dazu finden Sie auf der BGHW-Homepage. Lesen Sie dazu auch „Psychologische Erstbetreuung nach traumatischen Erlebnissen“.